Performance Based Contracting – Innovatives Vertrags- und Geschäftsmodell für die Defence-Industrie
Von Dr. Mike Körner //
„Performance Based Contracting“ (PBC) spielt bei Beschaffungen der Bundeswehr in den Bereichen der Instandhaltung und Ersatzteilversorgung der Hauptwaffensysteme eine zunehmend wichtige Rolle. Bei den fliegenden Plattformen (Eurofighter, NH90) ist es das zentrale Instrument zur Steigerung der materiellen Einsatzbereitschaft.
In einem PBC-Vertrag verpflichtet sich die Industrie zur Erreichung von Leistungszielen bzw. Verfügbarkeiten, welche dann über Messgrößen nachgehalten werden. Die Industrie übernimmt weitgehend in Eigenverantwortung beispielsweise die Versorgung mit Ersatzteilen, die Wartung oder Logistikdienstleistungen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit. Je nach erreichter Verfügbarkeit bzw. Leistung steigt oder sinkt der Anreizmechanismus für die Industrie und damit die Profitabilität der Dienstleistung.
Länder wie die USA, UK oder Australien nutzen PBC-Verträge für die Versorgung der fliegenden Systeme mit Ersatzteilen und Verschleißteilen durch die Industrie bereits erfolgreich seit den 90er Jahren. Die positiven Erfahrungen in punkto Kosteneinsparung und Erhöhung der Einsatzbereitschaft wurden in den einzelnen Programmen jeweils untersucht und bestätigt. Im Durchschnitt ließen sich mit PBC Kosteneinsparungen von mehr als 20% sowie eine Erhöhung der Einsatzbereitschaft zwischen 20 und 40% erzielen (Quelle: BAAINBw L6.3. 2017).
Aber was ändert sich eigentlich genau bei der Umstellung vom traditionellen Servicegeschäft auf Performance Based Contracting?
Traditionelle Serviceverträge basieren auf den Input-Faktoren “Stunden und Material” mit exakt bis ins Detail vorgegebenen Rahmenbedingungen für die technische und prozessuale Durchführung. Die alten Cost-Plus-Verträge liefern der Industrie einen Anreiz, durch mehr Stunden und Material die Profitabilität des Service zu erhöhen. Durch das ergebnisorientierte Anreizsystem des PBC wird diese Logik umgekehrt. Durch Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen d.h. weniger Stunden und weniger Material lässt sich die Profitabilität erhöhen. Um diese Effekte zu realisieren erhält die Industrie einen höheren Freiheitsgrad bei der Organisation und Durchführung der Dienstleistungen.
Der monetäre Anreizmechanismus dient als zentrales Instrument der Interessensangleichung zwischen Bw (Interesse an Verfügbarkeit der Systeme) und Industrie (gewinnorientierte Ziele). Er ist der eigentliche Kern des Performance Based Contracting.
Ein typisches Anreizmodell für einen Vertrag der Materialversorgung funktioniert in zwei Schritten: Im ersten Schritt entscheiden die Kosteneinsparungen gegenüber einem Zielpreis über die absolute Höhe des zu verteilenden Anreizbetrages. Im zweiten Schritt wird die relative Verteilung zwischen Industrie und Bw festgelegt; diese richtet sich nach der Erreichung der vertraglichen Messgrößen. Je höher die Zielerreichung der Messgröße (z.B. zeitliche Verfügbarkeit von Ersatzteilen), desto höher der Anteil der Industrie. Wichtig für ein PBC-Anreizmodell ist die kombinierte Betrachtung von sowohl „Einsparungen“ als auch „erreichter Leistung“: Hätte man bespielweise bei einem Vertrag zur Materialversorgung nur ein Einsparziel, würde die Industrie an der Beschaffung sparen und die Verfügbarkeit würde leiden. Würde man nur die Verfügbarkeit messen, hätte die Industrie ein Interesse sich möglichst viel Material auf Lager zu legen, um die Verfügbarkeit sicherzustellen. Nur die Kombination aus Einsparung und Verfügbarkeit erlaubt eine gute Interessensangleichung zwischen Bw und Industrie.
Aus unserer Erfahrung gibt es fünf typische Handlungsfelder, welche ein Unternehmen bei der Umstellung auf PBC angehen sollte.
(1) Verbesserung der Stammdaten-Qualität
Die vorhandene Datenbasis für die Materialbewirtschaftung ist meist in keinem guten Zustand. Ohne vernünftige Stammdaten lässt sich kein Bedarf ableiten oder das richtige Material bestellen. Dieser Punkt erscheint trivial, erfordert jedoch meist umfangreiche Vorarbeiten.
(2) Verfeinerung der Prognosemodelle
Der zweite Handlungsfeld befasst sich mit der Verbrauchsplanung von Materialien. Die Prognose der Bedarfe leitet sich häufig nur aus vergangenheitsorientierten Daten ab. Die Bedarfsplanung kann durch Ansätze wie Predictive Maintenance oder Einsatz von „Big Data“ verbessert werden. Eine Automatisierung der Nachbeschaffung über moderne ERP-Systeme führt zu weiteren Effizienzsteigerungen.
(3) Einführung einer differenzierten Artikelbewirtschaftung
Die Beschaffungs- und Lagerhaltungsstrategie sollte sich sowohl an der Wertigkeit des Materials als auch an der Vorhersehbarkeit der Nachfrage orientieren. Eine ABC-/XYZ-Analyse ist hierbei hilfreich. So bietet sich bei wertigem Material mit hoher Vorhersagbarkeit eine Just-In-Time-Lieferung durch den Lieferanten an, während sich bei wertigem Material mit geringer Vorhersehbarkeit der Nachfrage eine Lieferantenreserve anbietet. Die große Zahl der C-Artikel (Kleinteile, Normteile, Verbrauchsmaterial, niedrigpreisiges Material etc.) lässt sich häufig durch externe Dienstleister kostengünstiger bewirtschaften. Hier ist auf schlanke Bestell-, Lagerungs- und Buchungsprozesse zu achten, damit die Prozesskosten der Materialbewirtschaftung nicht den eigentlichen Artikelwert übersteigen.
(4) Management von Supply-Chain-Risiken
Bei den Bestellvorlaufzeiten und Einmalkosten gibt es immer wieder Überraschungen. Durch die Sparzwänge der Bw sind in der Vergangenheit häufig Ersatzteile nicht im ausreichenden Maße beschafft worden und das Thema Obsoleszenzmanagement wurde vernachlässigt. Häufig ist eine sukzessive Anpassung von Rahmenverträgen über die gesamte Zulieferkette zur Absicherung der geforderten Leistung notwendig.
(5) Messung und Verbesserung der Logistikprozesse
Um langfristige Kosteneinsparungen zu erzielen muss die Effizienz der Prozesse in den Bereichen Beschaffung, Lagerung und Logistik gemessen und kontinuierlich verbessert werden. Die neue Disziplin des Process Mining schafft hierbei volle Transparenz über die Prozess-Durchlaufzeiten und Prozess-Abweichungen und hilft, umfangreiche Ansatzpunkte zur Prozessoptimierung zu identifizieren.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass PBC-Verträge eine Chance zum Ausbau des Dienstleistungsgeschäfts bieten. Für die Umsetzung der Einsparungen und Effizienzsteigerungen ist nach unserer Erfahrung neben den umfangreichen Anpassungen in der Organisation und den Prozessen auch ein Veränderungsmanagement zur Entwicklung einer Service- und Performance-Kultur erforderlich.